Narzissmus entsteht bekannterweise, wenn ein Kind entweder emotional vernachlässigt oder über die Maßen gelobt wird.
In religiösen Familien kann es dann zu einer verstärkten Vernachlässigung des Kindes durch den Vater kommen, wenn es eine religiös geprägte Rollenverteilung zwischen Mutter und Vater gibt, nach der die Erziehungsarbeit der Mutter obliegt und der Vater außerhäuslichen Aufgaben nachgeht: also weniger anwesend ist.
Wenn dann auch die Mutter nicht die Ressourcen hat, sich dem Kind emotional zuzuwenden, kann es narzisstische Züge entwickeln, unter dem Motto "Ich bin zwar als Kind nicht beachtet worden: aber in Zukunft werden mich alle beachten!"
Laut Victoria Rationi (Konzept "Religionskreislauf") ist ein unbewusstes Motiv für die Ergreifung des Priesterberufes oft eine verleugnete Vatersehnsucht, die der jeweilige Mann zu kompensieren versucht, indem er selbst eine väterliche Rolle (in seiner Gemeinde) einnimmt.
In islamischen Gesellschaften ist Narzissmus bei Männern häufig dann anzutreffen, wenn sie bereits als Kind bevorzugt behandelt werden im Vergleich zur Erziehung der Mädchen. Dieser Narzissmus kann dann in säkularen Ländern zu psychischen Konflikten führen, weil hier meist Leistungen vorzuweisen sind, wenn man gelobt werden will - und es nicht ausreicht, einfach ein Mann zu sein.